Erklärung Kunsthandwerk

Der Begriff Kunsthandwerk steht für jedes Handwerk, für dessen Ausübung künstlerische Fähigkeiten maßgebend und erforderlich sind. Die Produkte des Kunsthandwerks sind in eigenständiger, handwerklicher Arbeit und nach eigenen Entwürfen gefertigte Unikate (Autorenprodukte).

Das Kunsthandwerk wird, wie das verwandte Kunstgewerbe, der Angewandten Kunst zugeordnet. Es ist jedoch mit dem Kunstgewerbe, das Gebrauchsgegenstände auch in Serie, maschinell und nach fremden Entwürfen reproduziert erzeugt, nicht gleichzusetzen.

Unabhängig vom künstlerischen Qualitätsanspruch und der Fertigungsweise hat sich der Begriff „Kunsthandwerk“ weltweit als Sammelbegriff für sowohl kunsthandwerkliche als auch kunstgewerbliche Produkte durchgesetzt.

Der Begriff „Kunsthandwerk“ wurde, nachdem die Metiers der Maler, Buchmaler, Glasmaler, Glasbläser, Graveure, Bildhauer, Gold- und Silberschmiede, Schnitzer, Möbelschreiner, Drechsler, Weber, Instrumentenbauer, Bildwirker, Töpfer und dergleichen jahrhundertelang als reines Handwerk betrachtet worden waren, erst in jüngerer Zeit ausgeprägt.

In Frankreich vollzog sich eine erste Trennung der Handwerker durch den Ausbruch der heute bildende Künstler genannten Maler und Bildhauer aus der Communauté des maîtres peintres et sculpteurs de Paris. Dieser Bruch wurde im Jahr 1647 durch die Gründung der Académie royale de peinture et de sculpture besiegelt.

Die fortschreitende Entwicklung kunstgewerblicher Serienproduktionen, die seit dem 18. Jahrhundert mit der Industrialisierung der Manufakturen einherging (siehe beispielsweise: Oberkampfs 1760 gegründete Toile-de-Jouy-Manufaktur), veranlasste die künstlerisch tätigen Handwerker, unter Verweis auf die gestalterische Qualität ihrer Werke und die Einzelstückanfertigung für eine Abgrenzung zum traditionellen Handwerk einzutreten. Die Kombination der Worte „Kunst“ und „Handwerk“ betont die qualitativen und quantitativen Werte handwerklicher Arbeit in Abgrenzung zu den seriellen und massenhaft reproduzierbaren Erzeugnissen der Industrie. So mit bekam das Kunsthandwerk gegenüber dem Handwerk eine Aufwertung. Durch die wurden die Besten Handwerker zu Kunsthandwerker, die ihre Unikate so vermarkten.

Der Begriff Kunsthandwerk hebt - im Vergleich zur Kunst - das handwerkliche und technische Interesse hervor. In der Erhaltung traditioneller handwerklicher Techniken übernimmt das Kunsthandwerk eine wichtige Aufgabe: Materialität, Verarbeitung und Ästhetik der Formgebung spielen eine wichtige Rolle, wobei tiefer gehende autonome geistige Prozesse in den Hintergrund treten. Vorwiegend bleibt das Schaffen in funktionalen und angewandten Bereichen. Häufig werden Gestaltungen und ästhetische Interessen angewandt, um insbesondere Gebrauchsartikel aufzuwerten zu können. Das Kunsthandwerk wertet sich nicht nur auf es Spezialisierten sich auf Spezialanfertigen die nicht als Massenware möglich waren zu Produzieren.

Im Unterschied zu Designern, die vorwiegend Prototypen für Serien- und Massenproduktion entwerfen, handelt es sich bei Kunsthandwerk vorwiegend um Unikate und Kleinserien, die manuell angefertigt sind. Auch sind meist Gestalter und praktisch Ausführender (Hersteller) ein und dieselbe Person.

Die Definition des Begriffes Kunsthandwerk deckt sich weitestgehend mit den englischen Bezeichnungen Arts and Crafts im 19. Jahrhundert und Studio Crafts im 20. Jahrhundert.

Der Begriff „Kunstgewerbe“ wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geprägt. Er entwickelte sich im Prozess der Industrialisierung, bei dem das Handwerk seine bisherige Stellung bei der Produktion von Waren an die Verlage, die Manufakturen und Fabriken verlor.

Während die Industrie mit den Prädikaten von Fortschritt und Moderne ausgezeichnet wurde, prägte man das traditionelle „Alte Handwerk“ mit dem Stigma des Konservativen. Mit dem Absatz- und Statusverlust begann der Prozess der Suche nach möglichen, die Existenz sichernden, Auswegen. Einer der Weg führte dazu, sich von der Masse der betroffenen Handwerker abzugrenzen. Als Unterscheidung wurde das ästhetische Kriterium der Kunst im Handwerk gefunden und betont.

In Europa nahm diese Entwicklung ihren Anfang im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Irland. Hier hatten, bedingt durch die frühe Industrialisierung, bereits in vielen Bereichen die Produkte industrieller Massenproduktion Einzug gehalten und das traditionelle Handwerk verdrängt.

Die 1851 in London abgehaltene Great Exhibition of the Works of Industry of all Nations offenbarte die in Großbritannien bereits eingetretenen Veränderungen. Neben den ausgestellten technischen Produkten war es der Industrie Großbritanniens in keiner Kategorie, der ästhetische Kriterien zugrunde lagen, gelungen, eine Auszeichnung zu gewinnen. Die Hässlichkeit der Gestaltung und die Schäbigkeit der Ausführung, die mit dem offensichtlichen Einsatz billiger Ersatzmaterialien einher ging, war ein Schock.

William Morris sah neben anderen Künstlern, die von Ruskin beeinflusst waren, in der Industrialisierung die Gefahr einer Verkrüppelung menschlicher Tugenden wie auch künstlerischer Schaffenskraft. Ein Ausweg wurde in der Rückkehr zum traditionellen individuellen Handwerk gesucht und mit der Künstlerschaft verbunden. Ohne letztlich eine Lösung für die wirtschaftlichen Bedingungen zu finden, die zur bestehenden Situation geführt hatten, traten sie für eine Wirtschaftsethik ein, in deren Mittelpunkt der Mensch stehen sollte. Neben ersten sozialistischen Ideen entwickelte sich die verklärte Vorstellung einer heilen Welt mittelalterlichen Handwerkerdaseins.

Ein Ergebnis, das der ästhetische Schock der Ausstellung 1851 verursachte, führte 1853 zur Gründung des Museum of Ornamental Art bzw. Museum of Manufactures durch einen der Direktoren der Great Exhibition von 1851 Henry Cole. Das ursprüngliche Ziel der Gründung war, eine Sammlung mit den besten historischen Stücken angewandter Kunst in einer Sammlung zu vereinigen und diese zur Hebung des Geschmacks von Produzenten und Konsumenten in Großbritannien öffentlich zugänglich zu machen.

Eine weitere Etappe bildete die 1857 in Manchester abgehaltene Art Treasures Exhibition. Die Ausstellung blieb Exponaten der Bildender und der Angewandter Kunst vorbehalten.

Nach 1880 wurde in Deutschland vielerorts die Tradition des Gesellen und des Meisters wiederbelebt. Gleichzeitig entstanden neue Netzwerke handwerklicher Organisations- und Lobbystrukturen in Städten, auf territorialstaatlicher und nationaler Ebene. Es etablierten sich Handwerkskammern, Handwerksverbände und -vereine neu. Diese Entwicklung war begleitet von symbolischen Handlungen, wie die Wiedereinführung von Begriffen wie dem der Innung.

Um diesem standzuhalten, ging ein Teil des Handwerks dazu über, den Kunstcharakter des Handwerks gegenüber der Industrie zu betonen. Gleichzeitig diente der Verweis dem Zweck der Anhebung des sozialen Status des Kunsthandwerkers und dem Prestigewert seiner Waren gegenüber dem nunmehr einfachen Handwerker und seiner minderen – unkünstlerischen und nur noch handwerklichen – Arbeit.

Diesem Vorgehen lag die Vorstellung zugrunde, dass künstlerische Werte in der handwerklichen Herstellung durch die Bildung des Künstlers dem Werk auf- und eingeprägt werden können. In der frühen Phase von 1870–1880 war die Kunstgewerbe-Bewegung der Auffassung, dass Kunst in allen Produktionsprozessen, sowohl in maschineller, mechanisierter als auch in handwerklicher Arbeit Anwendung finden könne.

 

Autor: Peter Walter

Quelle: Wikipedia und Fachwissen