Moderne Kunst ist ein relativ unscharfer, aber umgangssprachlich allgemein üblicher Begriff für die avantgardistische Kunst des 20. Jahrhunderts. In der Fachsprache wird heute eher von Kunst der Moderne gesprochen, um den Begriff klarer vom Begriff Zeitgenössische Kunst abzugrenzen. Seit der sich in den 1970er Jahren verstärkenden Moderne-Postmoderne-Diskussion gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die Zeitgenössische Kunst noch der Moderne angehört oder nicht, oder ob einzelne zeitgenössische Strömungen der Moderne zuzurechnen sind, andere der Postmoderne. Das hängt auch stark damit zusammen, wie jeweils der Begriff Moderne definiert wird, d. h. welches Konzept der Moderne zugeschrieben wird.

In Bezug auf die illusionistische Bildkonzeption noch im 19. Jahrhundert verhaftet, weist schon der Impressionismus durch Malweise und Farbgestaltung auf die moderne Kunst hin, wie auch um 1900 der Jugendstil mit seiner dekorativen Ornamentik. Eindeutiger aber brach der Expressionismus mit seiner vorangehenden Entwicklung mit der bisherigen Kunst: Auf Kosten von Perspektive und realistischer Wiedergabe des Motivs soll das subjektive Erleben dargestellt werden, unter anderem erkennbar in Werken von Vincent van Gogh, Paul Gauguin, Paul Cézanne, Edvard Munch und bei den Künstlergruppen der Fauvisten, Brücke, der Neuen Künstlervereinigung München oder der Redaktion des Blauen Reiters. Bis in die 1950er Jahre wirkte der Expressionismus in Art Brut und Tachismus. Neoexpressionistischen Pathos bildete der Stil der Neuen Sachlichkeit unter anderem in Werken von Otto Dix, George Grosz und Christian Schad, die realistische Darstellung zum Teil mit satirischer Gesellschaftskritik verbanden. 1916 entstand der Dadaismus, die erste Anti-Kunstbewegung der Avantgarde, als Protest gegen die etablierte Kunst. Die abstrakte Malerei in ihren verschiedenen Stilrichtungen steht exemplarisch für den Übergang zu einer modernen Kunst. Von ihr ausgehend entwickeln sich dann so verschiedene Richtungen wie Pop Art, Minimal Art, Neue Wilde, aber auch Happening, Fluxus, Land Art, die soziale Kunst von Joseph Beuys, Wolf Vostell, der Situationisten und die Konzeptkunst. Moderne Kunst stieß zunächst immer wieder auf Widerspruch im Mainstream. Einzelnen Sammlern ist es zu verdanken, dass Künstler erkannt und gefördert wurden. Einen Höhepunkt in dieser Auseinandersetzung bildete die Ausstellung „Entartete Kunst“, in der die Nationalsozialisten Werke der modernen Kunst als „entartet“ präsentierten. Der offizielle Kunstbegriff verdammte alle abstrakten und modernen Tendenzen und wies der Kunst klare Aufgaben zu. Bis heute wird moderne Kunst von einigen konservativen Kreisen abgelehnt, die eher einen antiken oder klassischen Kunstbegriff vertreten.

Der Begriff Moderne in der Geschichte Europas, Amerikas und Australiens bezeichnet einen Umbruch in allen Lebensbereichen gegenüber der Tradition. In der Querelle des Anciens et des Modernes (1687) war „Moderne“ noch ein Gegenbegriff zu „Antike“. Erst im 19. Jahrhundert wurde es üblich, mit dem Wort Moderne die Gegenwart von der Vergangenheit allgemein abzugrenzen. In der Philosophie fällt die Moderne mit der Aufklärung zusammen. Der Beginn „der“ Moderne kann je nach Blickwinkel sehr verschieden angesetzt werden: Geistesgeschichtlich mit der Renaissance etwa ab dem 15. Jahrhundert, ökonomisch mit der Industrialisierung des mittleren 18. Jahrhunderts, politisch mit der Französischen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts (politische Moderne) und dem Nationalismus des frühen 19. Jahrhunderts, in der Literatur- und der Kunstgeschichte als ästhetische Moderne mit dem beginnenden, als Stil mit dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Nach Jürgen Osterhammel wurden „die intellektuellen Grundlagen der Moderne bereits während der frühen Neuzeit in Europa gelegt, frühestens im Zeitalter Montaignes, spätestens in der Aufklärung.“ Ein Ende der Moderne wird heute etwa im mittleren bis späten 20. Jahrhundert angesetzt. Als stilkundlichen Begriff verwendet man dann den Ausdruck „Klassische Moderne“ für ein abgeschlossenes Zeitalter, als Kategorisierung für die Gegenwart etabliert sich in einigen Fachgebieten – nicht unumstritten – der Begriff Postmoderne in Abgrenzung zum Begriff Posthistoire. Andere Ansätze unterscheiden zwischen einer „Ersten“ und einer Zweiten Moderne und sprechen von einer gegen die Moderne gerichteten Gegenmoderne. Entwicklungsstufen der Moderne vor 1800 werden vereinzelt auch als Protomoderne bezeichnet.

Bernhard von Chartres (genannt Sylvestris, 1080–1167) gebraucht den Terminus „modern“ in einem historischen Gleichnis, in dem er die Lage des modernen Menschen gegenüber der Tradition wie folgt beschreibt: „Wir sind Zwerge, die auf den Schultern von Riesen sitzen. Wir können weiter sehen als unsere Ahnen und in dem Maß ist unser Wissen größer als das ihrige und doch wären wir nichts, würde uns die Summe ihres Wissens nicht den Weg weisen.“

Das lateinische Wort modernus (neu, neuzeitlich, gegenwärtig) stammt vom lateinischen Adverb modo (eben, eben erst). Später entlehnt aus dem Französischen (moderne und moderniser), erscheint es im Deutschen als Fremdwort seit 1727 in der Bedeutung von neu als Gegensatz zu alt, antik. Modernité wird als Substantiv erstmals 1849 von Chateaubriand verwendet (in einem abwertenden Sinne) und 1859 maßgeblich von Charles Baudelaire aufgegriffen. Im Deutschen verwendet Eugen Wolff den Ausdruck die Moderne erstmals 1886 auf die Kunst bezogen. „Die Moderne“ ist, seit sie im Naturalismus als Begriff in Deutschland eingeführt wurde, in ihrer inhaltlichen Bedeutung immer vage gewesen. Sie bezeichnete meist nur jede neu aufkommende Stilrichtung oder Kunstgattung. Heute wird das Adjektiv modern umgangssprachlich häufig statt in der o. g. Bedeutung verfälschend synonym zu „modisch“, also im Sinne von „der Mode entsprechend“ verwendet, oder im Sinne von „zeitgenössisch“. Der Ausdruck Modernität wird häufig auch gleichbedeutend mit bloßer Fortschrittlichkeit oder Aktualität verwendet. Das als Ismen-Bildung zu sehende Wort Modernismus bezeichnet spezielle Phänomene verschiedener Themengebiete.

Der Begriff „ästhetische Moderne“ nach Theodor W. Adorno betrifft die Abkehr vom jahrhundertealten Kanon, die schon um 1800 bezüglich formaler Prinzipien wie Perspektive, Proportionsregeln, Goldener Schnitt und anderer Bildsymmetrien beginnt, etwa bei den Malern Philipp Otto Runge oder Caspar David Friedrich, und sich als Prozess über die folgenden, teils auch wieder konservativen Phasen im Sinne einer ästhetischen Umdeutung früherer Formalismen erstreckt.

Der Begriff Klassische Moderne bezeichnet die Vielfalt heute noch als bahnbrechend angesehener avantgardistischer Stilrichtungen in den bildenden Künsten am Ende der Belle Époque und danach bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts (siehe Die Kunstismen). Maler wie beispielsweise Henri Matisse, André Derain, Pablo Picasso, Georges Braque, Max Beckmann, Franz Marc, Paul Klee und Piet Mondrian sind ihre typischen Vertreter. In Russland bildet sich eine russischen Moderne, zu der man – neben Literaten, Komponisten oder dem Ballet-Impresario Djagilew – auch Marc Chagall und Wassily Kandinsky rechnet. Die Moderne der Architektur umfasst einen Stilkomplex, zu denen Architekten wie Frank Lloyd Wright, Le Corbusier, Ludwig Mies van der Rohe, Ernst May, Konrad Wachsmann oder Oscar Niemeyer gerechnet werden. Das deutsche Bauhaus hat sich als kulturelle Keimzelle der Moderne hervorgetan. In Österreich gilt dies insbesondere für den Architekten Adolf Loos und die Architekten und Vertreter angewandter Kunst, die die Wiener Werkstätte bildeten. Während in Russland zunächst auch die Bolschewiki und in Italien die Faschisten wenigstens in der bildenden Kunst und insbesondere in der Architektur Konzepte der Moderne aufgriffen, haben die deutschen Nationalsozialisten diese größtenteils als „entartet“ bekämpft. Auch Stalin war kein Anhänger der Moderne; seine Präferenzen in Kunst und Architektur lagen beim Sozialistischen Realismus und Klassizismus.

 

Autor: Peter Walter

Quelle: Wikipedia und Fachwissen